Konzertbericht: Celtic Woman – Destiny Live Tour 2016

Einst besiedelten keltische Stämme weite Teile Europas. Doch die Kultur der “Erhabenen”, der “Starken“, was
der Name Kelten sinngemäß bedeuten könnte, ist vor etwa 2000 Jahren untergegangen. Als Vermächtnis
geblieben sind Mythen und eine Aura von Magie, die in einigen Landstrichen Europas fortlebt, deren
Bewohner sich als Nachfahren der Kelten sehen und keltische Sprachen pflegen. Dazu gehören das
Bretonische in Frankreich, das Walisische und Gälische in Großbritannien und natürlich das Irische,
seit 1922 offiziell erste Amtssprache neben dem Englischen in Irland. Doch nicht nur in der Sprache lebt
dort eine uralte Tradition fort, sondern auch in der Musik. Die bedient sich gerade auf der grünen Insel
mit Flöte, Trommeln, Fiedel und Dudelsack nicht nur eines seit Jahrhunderten bewährten Instrumentariums,
sondern erzählt in den Liedern Geschichten weiter – so wie einst die Kelten, die nur wenige schriftliche
Zeugnisse hinterließen, aber der mündlichen Weitergabe von Inhalten hohen Stellenwert zumaßen.

Die Aura dieser traditionellen irischen Musik und der alten Lieder verbreitet seit über einem Jahrzehnt auch die
irische Gruppe Celtic Woman. Entgegen des Singulars stehen dahinter gleich vier starke Frauen – drei
Sängerinnen und eine Violinistin. Das Quartett spielt sowohl traditionelle irische Songs als auch bekannte
Rock-, Pop- und Musical-Titel, die dem “keltischen” Sound der Gruppe entsprechend arrangiert sind.
Gegründet wurde die Gruppe 2004 von der Produzentin Sharon Browne und dem früheren musikalischen
Direktor der Tanzshow ”Riverdance”, David Downes, die mit dem Projekt einen Nerv trafen. Nicht nur in Irland
erfreut sich Celtic Woman großer Beliebtheit, sondern auch in den USA und Australien, wo viele Menschen mit
irischen Vorfahren leben. In den Vereinigten Staaten hält die Band sogar einen Rekord. Ihr Debütalbum hielt sich
81 Wochen lang in der Weltmusik-Sparte der Billboard Charts, länger als jedes andere Album aus diesem
Genre. Auch die nachfolgenden Aufnahmen verkauften sich prächtig, folgten sie doch immer wieder der
Erfolgsformel, neben traditionellen Folksongs wie “Danny Boy” oder “Dulaman” bekannte Popsongs wie etwa
Eric Claptons “Tears in Heaven” oder Gerry & The Pacemakers “You’ll Never Walk Alone” im
Celtic Woman-Gewand zu präsentieren.

So nun auch auf dem jüngsten Werk mit dem Titel “Destiny”. Auf ihrem mittlerweile zehnten Studioalbum bieten
Celtic Woman etwa den Waterboys-Song “The Whole of the Moon” oder den Ed Sheeran-Hit “I See Fire” neben
gälisch gesungenen Weisen wie “Siúil A Rúin” oder “Óró Sé Do Bheatha ’Bhaile”, das unter seinem englischen
Titel “What Shall We Do With The Drunken Sailor” ungleich bekannter sein dürfte. Außerdem kommt es auf dem
Album zu einer irisch-deutschen Verschwisterung. Für den Titel “Tir Na Nog” hat sich das Quartett den
deutschen Shooting Star Oonagh als Verstärkung eingeladen und präsentiert damit auch gleich das
Vorprogramm seiner aktuellen Deutschland-Tour.

Trotz des kontinuierlichen Erfolgs, millionenfacher Plattenverkäufe, ausverkaufter Konzerte und sogar einem
Auftritt im Weißen Haus in Washington ist Celtic Woman aber kein festes Ensemble, sondern ein Pool
talentierter irischer Musikerinnen. Bei allen Besetzungswechseln hat die Gruppe jedoch stets ihren
charakteristischen Klang bewahren können. Für den steht besonders mit Máiréad Nesbitt die wohl
profilierteste Musikern des Quartetts. Die 36-jährige Violinistin hat schon in Symphonieorchestern
gespielt, aber auch mit berühmten Rockmusikern wie Van Morrison und Clannad zusammengearbeitet.
Sie ist seit den Anfängen von Celtic Woman im Herbst 2004 in Dublin mit dabei.

Den Gesang teilen sich derzeit die in großen Musical-Produktionen in Londons West End bekannt gewordene
32-jährige Irin Susan McFadden, die 26-jährige Nordirin Máiréad Carlin, die schon mit Rock- und Popgrößen
wie Snow Patrol oder Don McLean zusammengearbeitet hat sowie als Jüngste im Bunde die 25-jährige
Irin Éabha McMahon, die vorher in der Gruppe Anúna sang und als wahre Celtic Woman fließend Irisch spricht.
So lebt der Mythos fort.